100 Tage Nutzungsausfall gerechtfertigt

Zwischen einem Unfall und der daraufhin zu erfolgenden Versicherungsleistung kann bekanntlich
einige Zeit liegen. Was aber passiert, wenn der Versicherungsnehmer seinerseits länger mit der
Ersatzbeschaffung bzw. der Reparatur seines Fahrzeugs wartet, weil ihm zur Vorauslage die finanziellen
Mittel fehlen, musste das Oberlandesgericht München (OLG) kürzlich bewerten.
Nach einem unverschuldeten Unfall machte der Geschädigte dieses Falls auch Nutzungsausfall
geltend. Dass er aber rund drei Monate mit der entsprechenden Ersatzbeschaffung wartete, war für die
Versicherung nicht akzeptabel. Welcher Zeitraum ihm dafür hätte zugestanden werden müssen, konnte
außergerichtlich nicht geklärt werden, so dass diese Frage vor dem OLG landete.
Nach Auffassung der Richter steht Geschädigten die Nutzungsausfallentschädigung für einen
Zeitraum von 100 Tagen zu. Zudem kann von einem fortbestehenden Nutzungswillen ausgegangen
werden, wenn der Geschädigte konkret nachweisen kann, dass ihm die finanziellen Mittel für eine
Reparatur oder Ersatzbeschaffung fehlen. Angesichts der vom Geschädigten vorgetragenen eigenen
Finanzsituation war diesem unter Berücksichtigung von Überlegungszeiten ein angemessener Zeitraum für
die Durchführung einer Ersatzbeschaffungsmaßnahme zuzubilligen – solange der Geschädigte über keine
gesicherte Finanzierung für eine Ersatzbeschaffung verfügte, konnte er eine solche nicht vornehmen.
Ferner ist ein passendes Fahrzeug auf dem Markt zu suchen. Somit kann für den Nachweis eines
Nutzungswillens auch nicht verlangt werden, dass eine Ersatzbeschaffung unverzüglich vorzunehmen ist.
Hinweis: Dem Geschädigten gebührt grundsätzlich eine Nutzungsausfallentschädigung, wenn er sein
Kraftfahrzeug während der Reparaturzeit benutzen wollte und hierzu in der Lage war. Kann er eine Reparatur oder die Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs finanziell nicht vor Auszahlung der ihm
zustehenden Entschädigungssumme bewerkstelligen, muss er die gegnerische Haftpflichtversicherung
hierüber bereits bei Geltendmachung seiner Ansprüche hinweisen.
Quelle: OLG München, Urt. v. 27.05.2020 – 10 U 6795/19
Fundstelle: www.gesetze-bayern.de